Bundesverkehrswegeplan 2030: Geschönt, blamabel, lobbytauglich
A 20 gehört nicht in den „Vordringlichen Bedarf“

Wie konnte die A 20 es schaffen, im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) in den „Vordringlichen Bedarf` zu kommen? Durch Trickserei und geschönte Zahlen.

Zu diesem Ergebnis kommt ein aktuelles Gutachten, das Regio Consult, eine Marburger Fachagentur für Verkehrsplanung, im Auftrag der Landtagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen erstellt hat.[1]

Die Liste der Kritikpunkte am BVWP-Entwurf ist lang: Das vom Bundesverkehrsministerium (BMVI) angegebene Nutzen-Kosten-Verhältnis der A 20 von 1,9 bzw. 1,6 ist überhöht und muss deutlich nach unten auf nur 1,2 korrigiert werden. Die vom BMVI errechneten zukünftigen Verkehrszahlen liegen in einzelnen Abschnitten weit unter den mindestens erforderlichen 18.000 Kfz pro Tag. Von Bremerhaven durch die Wesermarsch bis zur A 29 im Ammerland zum Beispiel bringt die A 20 es oft auf nur 12.000 bis 13.000 Fahrzeuge täglich. Diese Verkehrsmenge reicht nicht aus, um den Bedarf für die A 20 zu rechtfertigen. Mit nur 870 ha ist der Flächenverbrauch für die Trasse viel zu niedrig angesetzt, nämlich nur bei einem Viertel des tatsächlichen Verbrauchs von rund 3.480 ha.

„Bei realistischen Werten hätten es weder die Küstenautobahn noch die Verbindung Lüneburg-Wolfsburg als vordringlich in den Entwurf des neuen Bundesverkehrswegeplans […] schaffen dürfen“, stellt Dipl.-Geogr. Wulf Hahn, Projektleiter des Gutachtens, im Interview mit dem „Weser-Kurier“ fest.[2]

Susanne Menge, verkehrspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, konstatiert: „Dieser Bundesverkehrswegeplan ist blamabel: Minister Dobrindt und sein niedersächsischer parlamentarischer Staatssekretär Enak Ferlemann unternehmen den letzten Versuch, eine gestrige Verkehrspolitik durchzuzocken. Einzig die Lobbyisten im Land werden es ihnen danken. […] Wenn der Bundesverkehrsminister seine eigenen Ansprüche an die Wirtschaftlichkeit von Autobahnbauten ernst nehmen würde, dann wären die A20 und A39 längst kein Thema mehr.“[3]

 


Informationen über den aktuellen Stand der A 20 findet ihr in diesem Artikel:
A 20: Der aktuelle Stand der „Küstenautobahn“ im Juni 2016


Quellen:

[1] RegioConsult Verkehrs- und Umweltmanagement: Stellungnahme zum BVWP-Entwurf 2030 zu den Hauptprojekten A 20 AD A28/A20 (Westerstede) – Hohenfelde (A 23) mit A 26 mit 11 Teilprojekten und A 39 AS Lüneburg-N (B 216) – AS Weyhausen (B 188) mit 7 Teilprojekten. Auftraggeber: Vorstand der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Juli 2016 (http://www.fraktion.gruene-niedersachsen.de/fileadmin/docs/susanne_menge/Stellungnahme_BVWP-A20-A39.pdf) (Stand: 8.7.2016)

[2] Mlodoch, Peter: Niedersachsen droht Koalitionskrach. Gutachter: „Kosten für Autobahn schöngerechnet“. In: Weserkurier, 8.7.2016 (http://www.weser-kurier.de/region_artikel,-Gutachter-%E2%80%9EKosten-fuer-Autobahnen-schoengerechnet%E2%80%9C-_arid,1413536.html) (Stand: 8.7.2016)

[3] Bündnis 90/Die Grünen: Gutachten zur A20 und A39 im Bundesverkehrswegeplan 2030. Grüne: Falsche Berechnung, rückständig, klimaunverträglich – der BVWP 2030. Pressemeldung Nr. 120, 8.7.2016 (http://www.fraktion.gruene-niedersachsen.de/presse/pressemitteilungen/meldung/artikel/gruene-falsche-berechnung-rueckstaendig-klimaunvertraeglich-der-bvwp-2030.html) (Stand: 8.7.2016)

2 Kommentare

  • Da sind sich SPD (Niedersachsen und Bund) und die CDU (Niedersachsen und Bund) einig. Die A20 wie die A39 müssen gebaut werden. Die meisten MdB und MdL sind nicht von einem Verzicht zu überzeugen, weil sie sich nicht von einem verqueren Wachstums-Dogma verabschieden können und wollen. Sie sind eben Kostgänger der Wirtschaft wie es sich in einem totalitär wirtschaftsliberalen Staatswesen gehört. Wer wundert sich da noch – doch nicht etwa die Grünen? Die hängen längst zu oft selber dieser wenig nachhaltigen, uns alle letztendlich schädigenden Ideologie an.

    • Zu diesem Kommentar habe ich eine Frage:
      Was verstehen Sie unter einem „totalitär wirtschaftsliberalen Staatswesen“?
      Ein Staat kann entweder totalitär oder liberal sein. Beides zugleich kann er nicht sein, denn dies wäre ein Widerspruch in sich.
      Und: Die BRD ist sicherlich nicht totalitär.

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