BUND: EU-Beschwerde gegen BVWP
Bund für Umwelt und Naturschutz schaltet EU-Kommission ein

Der 26. August 2016 dürfte kein schöner Tag für Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) gewesen sein: Am vergangenen Freitag hat der Bund und für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bei der EU-Kommission Beschwerde gegen den Kabinettsbeschluss zum Bundesverkehrswegeplan eingelegt. Die Bundesregierung sowie das Verkehrsministerium haben bei der Neuaufstellung des Verkehrswegeplans elementare Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit verletzt, so der BUND. Damit könnte es zu einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland kommen.

Intransparenz und Schönrechnerei

Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND / Foto: © Julia Puder / BUND
Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND / Foto: © Julia Puder / BUND

Prof. Dr. Hubert Weiger, der Vorsitzende des BUND, stellt fest:

„Bei den rund 1.300 Straßenprojekten des BVWP sind die EU-Vorgaben zur Strategischen Umweltprüfung nicht angewendet und Alternativen nicht geprüft worden.“

Damit sei der Zweck dieser Umweltprüfung – nämlich die Untersuchung umweltfreundlicher Alternativen – vollständig verfehlt worden. Das Bundesverkehrsministerium habe keine ernstzunehmende Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt – im Gegenteil:

„Das Bundesverkehrsministerium hat nur unfertige, intransparente Unterlagen über Auswirkungen der Verkehrsnetze bereitgestellt und politisch gewollte Verkehrsprojekte schöngerechnet“, kritisierte Weiger.

Der BUND stütze sich in seiner EU-Beschwerde auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die eine umfassende Alternativenprüfung vorschreibe und hohe Standards vor allem dann verlange, wenn die besonders geschützten NATURA-2000-Gebiete betroffen seien. Auch der zum BVWP gehörende Umweltbericht sei mangelhaft, weil vom Gesetz geforderte Maßnahmen fehlten, mit denen erhebliche Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden könnten. Außerdem lägen weder für Schienen- noch für Straßenbauvorhaben vollständige Netzplanungen vor.

Dreist und ignorant

„Man muss schon bis in das Jahr 1971 zurückgehen, um einen Fernstraßenplan zu finden, der sämtliche Umweltziele so dreist ignoriert wie Dobrindts Vorhaben“, sagte der BUND-Vorsitzende.

Ersparnis durch vernünftige Alternativen: 10 Milliarden Euro

Der BUND hatte über 50 alternative Vorschläge zu Straßenneubauten eingereicht. Mit der Umsetzung dieser Vorschläge könnten rund 10 Milliarden Euro eingespart werden.

„Kein einziger dieser Vorschläge wurde ergebnisoffen geprüft“, konstatiert Weiger.

Zu den vorgeschlagenen Alternativen gehören der Um- oder Ausbau von Straßen, Schienenprojekte sowie innerörtliche Verkehrslösungen.

„Die Prüfung sämtlicher Alternativen muss unverzüglich nachgeholt werden“, fordert Weiger. „Nur dann können Bundestag und Bundesrat auf einer inhaltlich und rechtlich ausreichenden Basis vernünftige Entscheidungen über die Verkehrsprojekte der nächsten Jahrzehnte treffen.“

Es geht auch anders!

Vorbildliche Beteiligungsverfahren bei Verkehrsplanungen gebe es bereits in Frankreich, Dänemark, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz. Bei umstrittenen Projekten sollte in Deutschland beispielsweise verstärkt an „Runden Tischen“ nach alternativen Lösungen gesucht werden. Um solche Prozesse zu koordinieren, forderte der BUND-Vorsitzende die Einrichtung einer unabhängigen Kommission auf Bundesebene.

 


Quelle:

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND): BUND legt bei EU Beschwerde gegen Bundesverkehrswegeplan ein. Pressemitteilung, 26.8.2016 (http://www.bund.net/nc/presse/pressemitteilungen/detail/artikel/bund-legt-bei-eu-beschwerde-gegen-bundesverkehrswegeplan-ein/) (Stand: 29.8.2016)

 

Quelle des Fotos von Prof. Dr. Weiger: © Julia Puder/ BUND (http://www.bund.net/presse/bild_und_ton/bund_vorsitzender/) (Stand: 29.8.2016)

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