A 20: Mieses Signal an die Bürger
Planungsbeschleunigung per Gesetz ist Hirngespinst

Zum Beschleunigungsgesetz sowie zu den Äußerungen des niedersächsischen Wirtschaftsministers Olaf Lies in der „Nordwest-Zeitung“ vom 22.3.2017 hat der Koordinationskreis der Initiativen und Umweltverbände gegen die A 20 folgende Presseinformation herausgegeben:

Entgegen den Äußerungen von Wirtschaftsminister Olaf Lies in der NWZ vom 22.03.2017 hebelt das geplante Beschleunigungsgesetz sehr wohl die Bürgerrechte aus. Dieser Meinung ist der Koordinationskreis der Initiativen gegen die A 20. Dabei geht es nicht nur um die Verkürzung des Klageweges. Darüber hinaus würde die Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses ihre aufschiebende Wirkung verlieren. Schon im Vorfeld einer Gerichtsverhandlung würden also vollendete Tatsachen geschaffen werden können.

„Dieses Vorgehen ist höchst undemokratisch“, stellt Uwe Schmidt, Pressesprecher des Koordinationskreises, fest.

Die Beteiligung der Öffentlichkeit verfolgt das Ziel, die Qualität der Planung und die Akzeptanz von Projekten zu verbessern. Die Bürgerbeteiligung ist aber auch integraler Bestandteil des demokratischen Prozesses in Deutschland. Zu Beginn der Planung eines Infrastrukturvorhabens sind die Gestaltungsmöglichkeiten noch sehr vielfältig und ergebnisoffen. Da gibt es jedoch keine gerichtlich überprüfbaren Beteiligungsangebote. Diese folgen erst viel später im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens, also zu einem Zeitpunkt, an dem die Planung bereits verfestigt ist und kaum mehr geändert werden kann.

„Genau an dem Punkt soll jetzt noch eine zusätzliche Daumenschraube angelegt werden“, empört sich Schmidt, „Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe sieht anders aus!“

Im Übrigen ist die Planungsbeschleunigung durch die Verkürzung des Klageweges ein Hirngespinst, das auf einer bloßen Erwartung beruht, die in der Begründung zum Beschleunigungsgesetz aus dem Jahr 2006 zu finden ist. Diese Erwartung wird offenbar bis heute fortgeschrieben, ohne jemals auf ihren Realitätsgehalt überprüft worden zu sein. Im Jahr 2009 legte die Bundesregierung einen „Erfahrungsbericht“ über die Auswirkungen des Gesetzes von 2006 vor. Schon damals stellte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) fest, dass der von ihm befürchtete „Flaschenhalseffekt“ eingetreten sei und die „Handlungsfähigkeit“ des Gerichtes durch die vermehrte Arbeitsbelastung zum Teil „erheblich“ eingeschränkt werde. Das BVerwG konnte keinen deutlichen Zeitvorteil in der Beschränkung der Klagemöglichkeit auf eine Instanz erkennen und konstatiert: „Die Rückkehr zum zweiinstanzlichen Verfahren hätte (…) keine übermäßige Verlängerung der Dauer des gerichtlichen Verfahrens zur Folge.“

Die Aufnahme der A 20 in das Beschleunigungsgesetz dient auch dazu, den Umweltschutz durch die Hintertür auszuhebeln. Wie bekannt sein dürfte, ist die A 20 das umweltschädlichste Projekt des gesamten Bundesverkehrswegeplans. In einer aktuellen Bundestagsdrucksache gesteht die Bundesregierung ein, dass sie die hohe Umweltbetroffenheit der A 20 bei der Aufnahme in die Beschleunigungsliste nicht berücksichtigt habe. Die Bundesregierung nutzt den Umweg über das Beschleunigungsgesetz also dazu, den Umweltschutz so weit wie möglich zu umgehen – und dies ausgerechnet bei einem der umweltschädlichsten Infrastrukturprojekte überhaupt.


Link zum NWZ-Artikel: https://www.nwzonline.de/politik/krach-um-kuestenautobahn_a_31,2,2814405327.html

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