A 20: Keine neuen Arbeitsplätze durch die „Küstenautobahn“

Bundesverkehrsministerium: Autobahnbau hat keinen Einfluss auf Arbeitslosigkeit

Im Jahr 2030 gibt es „keine strukturelle Arbeitslosigkeit mehr, die durch den Bau von Infrastruktur beseitigt werden kann“[1] – so lautet die eindeutige Aussage des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI).

Die Feststellung des BMVI bezieht sich auf eine Studie aus dem Jahr 2015, die im Zuge der Neuaufstellung des Bundesverkehrswegeplans durchgeführt worden ist. Diese Studie widmet sich der Frage, welche Faktoren bei der Berechnung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses von Infrastrukturprojekten berücksichtigt werden sollten. In diesem Zusammenhang werden auch die Auswirkungen thematisiert, die der Bau sowie der Betrieb von Verkehrswegen auf die Arbeitsmarktsituation haben.

Die Ergebnisse dieser Studie lauten:

  • Der Bau von Verkehrswegen ist für den Arbeitsmarkt bedeutungslos.
  • Der Betrieb von Verkehrswegen – also z. B. eine fertig gestellte neue Autobahn – ist für den Arbeitsmarkt bedeutungslos.
  • Arbeitskräfte sind der entscheidende Faktor – nicht die Infrastruktur.

Der Bau einer neuen Autobahn ist für den Arbeitsmarkt bedeutungslos

Aufgrund des demographischen Wandels wird es in Deutschland zukünftig weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter, also weniger Arbeitskräfte geben. Gleichzeitig wird die Zahl der Arbeitsplätze gleich bleiben oder steigen.

Diese Entwicklung hat den Effekt, dass es im Jahr 2030 keine nennenswerte Arbeitslosigkeit mehr geben wird, wie die Studie unter Berufung auf die Strukturdatenprognose konstatiert:

„Die Strukturdatenprognose kommt zu dem Schluss, dass die Bundesrepublik Deutschland in 2030 eine vollbeschäftigte Volkswirtschaft sein wird. Laut Prognose wird 2030 in allen Kreisen die Erwerbslosigkeit auf die Untergrenze von 2% sinken. Diese Untergrenze ist mit der natürlichen (unvermeidlichen) Arbeitslosigkeit gleichzusetzen.“[2]

Die beschriebene Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat zur Folge, dass der Bau von Verkehrswegen – also auch der Bau neuer Autobahnen – keinerlei positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in seiner Gesamtheit mehr haben kann:

„Somit gibt es in 2030 keine strukturelle Arbeitslosigkeit mehr, die durch den Bau von Infrastruktur beseitigt werden kann. In 2030 wird Arbeitskräftemangel herrschen und Arbeit somit der limitierende Faktor für das Wachstum in den Regionen sein.“[3]

Der Betrieb einer Autobahn ist für Arbeitsmarkt bedeutungslos

Wenn eine neue Straße oder eine neue Autobahn fertig gebaut und in Betrieb ist, hat auch dies keine positiven Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, wie die Studie ausführt.[4]

Die Gründe dafür sind eben dieselben, die auch beim Bau von Verkehrswegen zum Tragen kommen: Der demographische Wandel sorgt für eine entspannte Situation auf dem Arbeitsmarkt – die Infrastruktur hat damit nichts zu tun.

Arbeitskräfte sind der entscheidende Faktor – nicht die Infrastruktur

Die Entscheidung von Wirtschaftsunternehmen für einen Standort hängt in erster Linie von der Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte, nicht von der Infrastrukturanbindung ab.

Der Grund dafür liegt darin, dass die Infrastruktur in Deutschland jetzt schon so gut ausgebaut ist, dass zusätzliche neue Straßen für die Standortentscheidung von Unternehmen keine Rolle mehr spielen.

Auch dies stellt die Studie fest:

„[…] wenn der Faktor Arbeit der limitierende Faktor für das regionale Wachstum ist, er auch für die Standortwahl von Unternehmen von größerer Bedeutung als die Infrastrukturanbindung eines Standortes […]. Bei der in Deutschland mittlerweile erreichten Qualität der Infrastruktur ist die Verfügbarkeit von entsprechenden Arbeitskräften eher standortbestimmend als die Infrastrukturanbindung. Somit werden Infrastrukturinvestitionen auch keinen dauernden bewertungsrelevanten Beschäftigungseffekt bewirken.“[5]

Überdies lässt die Studie es sich nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass die Erhaltung der vorhandenen Verkehrswege weitaus wichtiger ist als der Bau neuer Projekte. Sie setzt es als unabdingbar notwendig voraus,

„dass die Qualität des bestehenden Verkehrsnetzes durch entsprechende Ersatz- und Erhaltungsinvestitionen auch zukünftig hoch sein wird.“[6]

Fazit:

Die Lektüre dieser Studie empfehle ich all jenen, die uns immer wieder glauben machen wollen, dass die A 20 uns mehr Arbeitsplätze bringen wird.

Sie irren sich.


Anmerkung:

Die „Nordwest-Zeitung“ berichtete kürzlich ebenfalls über dieses Thema: Bielefeld, Henning: „Autobahn bringt keine Arbeitsplätze“. In: NWZ online, 16.8.2016


Quellen:

[1] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Bericht zur Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung des BVWP 2030, S. 32 (https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/G/BVWP/finaler-bericht-behoerden-und-oeffentlichkeitsbeteiligung.pdf?__blob=publicationFile) (Stand: 26.8.2016)

[2] Intraplan Consult GmbH / Planco Consulting GmbH/ TUBS GmbH / TU Berlin Science Marketing: Grundsätzliche Überprüfung und Weiterentwicklung der Nutzen-Kosten-Analyse im Bewertungsverfahren der Bundesverkehrswegeplanung. FE-PROJEKTNR.: 960974/2011. Endbericht für das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. 24. März 2015, S. 140 (im folgenden zit. als „Intraplan / Planco / TUBS / TU, 24.3.2015“) (https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/G/BVWP/bvwp-2015-ueberpruefung-nka-endbericht.pdf?__blob=publicationFile) (Stand: 26.8.2016)

[3] Intraplan / Planco / TUBS / TU, 24.3.2015, S. 140

[4] vgl. Intraplan / Planco / TUBS / TU, 24.3.2015, S. 141

[5] vgl. Intraplan / Planco / TUBS / TU, 24.3.2015, S. 141

[6] vgl. Intraplan / Planco / TUBS / TU, 24.3.2015, S. 141, Anm. 80

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