A 20: Die Flüsterautobahn
Geräuschlos ist, was nicht gebaut wird

„Sie werden die A 20 nicht hören“ –  behauptete Enak Ferlemann (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, am vergangenen Dienstag, 5.4.2016, offensichtlich gegenüber rund 160 zumeist sehr kritischen Bürgerinnen und Bürgern, die sich im Loxstedter Rathaus anlässlich einer Podiumsdiskussion zur so genannten „Küstenautobahn“ eingefunden hatten. Dies ist einem Artikel in der „Nordsee-Zeitung“ zu entnehmen, welcher sogar mit diesem Zitat aufmacht.

Liebe „Nordsee-Zeitung“, entschuldige bitte, aber glaubst du wirklich, dass die Behauptung von Herrn Ferlemann es wert ist, als Schlagzeile zu dienen?

Die A 20 als Flüsterautobahn???

Sollten wir diese Behauptung nicht viel eher in die Kategorie „Hanebüchenes und leere Sprechblasen“ einordnen?

Obgleich: Es gibt einen – und nur diesen einen – Weg, wie Herrn Ferlemanns Behauptung wahr werden könnte …

Fakt ist, dass man eine Autobahn immer hört.

Davon gibt es nur drei Ausnahmen:

  • Die Autobahn ist eingetunnelt. Das steht für die A 20 kaum zur Diskussion, denn das würde ihr jetzt schon unterirdisches Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1,6 so ungefähr in die unmittelbare Nähe des Erdmittelpunktes abrutschen und restlos verglühen lassen.
  • Die Autobahn ist eingehaust, also gleichsam komplett mit einem oberirdischen Tunnel umgeben. Auch das kommt für die A 20 schwerlich in Frage, siehe oben.
  • Die Autobahn wird nicht gebaut. Ja, das allerdings ist der einzig gangbare Weg, um Herrn Ferlemanns Behauptung wahr werden zu lassen. Dann bleibt die A 20 vollkommen geräuschlos, in der Tat – und dies, ohne auch nur einen einzigen weiteren Cent an Steuergeldern zu verschleudern! Überdies ist dieser Weg ein sehr realistischer Weg, denn die Chancen der A 20 stehen mehr als schlecht.

So gesehen, hast du vielleicht gar nicht so Unrecht, liebe „Nordsee-Zeitung“!

Dennoch würden deine Leser sich sicherlich freuen, wenn du dir ein bisschen mehr Mühe bei der Recherche geben würdest. Du schreibst, dass das Projekt A 20 „im Bundesverkehrswegeplan gerade mit oberster Priorität versehen worden“ sei.

Das ist, mit Verlaub, Blödsinn.

Die A 20 steht im „Vordringlichen Bedarf“. Das ist die Mittelklasse der Bauprojekte. Darüber steht noch der „Vordringliche Bedarf Engpassbeseitigung“, und es steht zu vermuten, dass selbst dieser unzureichend finanziert ist.

Nicht umsonst hat der Bundesrechnungshof herbe Kritik an den Rechenexempeln geäußert, welche Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) in seinem Entwurf des Verkehrswegeplans abgeliefert hat. Der ganze Zahlenspaß muss, wenn es mit rechten Dingen zugehen soll, noch einmal ganz von vorn durchexerziert werden.

Ach ja, liebe „Nordsee-Zeitung“, natürlich vergisst du auch nicht, noch einmal auf den angeblichen Nutzen der A 20 für die Hinterlandanbindung der Seehäfen hinzuweisen. Aber, weißt du, ein Scheinargument wie dieses wird auch durch ständige Wiederholung ja kein wahres Argument.

Es war falsch, ist falsch und bleibt falsch. Da kann man halt nichts machen …

Bevor du das nächste Mal über die Hinterlandanbindung der Seehäfen schreibst, kannst du ja mal ein bisschen im „Nationalen Hafenkonzept“ der Bundesregierung lesen, liebe „Nordsee-Zeitung“. Da geht es nämlich vor allem darum, den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene und auf den Wasserweg zu verlagern. Neue Autobahnen sind da völlig fehl am Platze.

Denn, liebe „Nordsee-Zeitung“, wir dürfen doch annehmen, dass es dir ein echtes journalistisches Anliegen ist, deine Leser stets umfassend und unparteiisch zu informieren – oder?

 


Quellen:

Serie „Loxstedt –Gemeinde mit Zukunft“: Podiumsdiskussion zur A 20, Bahnübergang und Lärmschutz. „Sie werden die A 20 nicht hören“, in: Nordsee-Zeitung, Landkreis Cuxhaven, 7.4.2015, S. 17

Die Bundesregierung: Nationales Hafenkonzept für die See- und Binnenhäfen 2015 (Stand: 9.4.2016)

2 Kommentare

  • Anders betont

    Eine Ausnahme fehlt noch. Herr Ferlemann hat seine Aussage. „Sie werden die A20 nicht hören“ an die Anwesenden (in Mehrzahl 50+) gerichtet. Da Herr Ferlemann mit seinen Aussagen immer am Rand der Wahrheit bleibt heißt das:
    „Die A20 wird erst in vielen, vielen Jahren gebaut werden, und es wird nicht die A20 sein, die dann tiefergelegt wird. Sie, liebe Zuhörer, und da bin ich ganz ehrlich, werden todsicher von der A20 nichts mehr hören.“

Schreibe einen Kommentar